Tschirnhaus – Lebenslauf

1651

Ehrenfried Walther von Tschirnhaus wird am 10. April in Kieslingswalde geboren, als 7. Kind des kurfürstlich – sächsischen Rates Christoph von Tschirnhaus und dessen Frau Elisabeth Eleonore Freiin Achil von Stirling.

Ab 1666

besucht Tschirnhaus das Gymnasium in Görlitz und zeigt bereits hier Interesse an der Mathematik.

1668–1674

Tschirnhaus beginnt sein Studium in den Niederlanden und schreibt sich am 8. Juni 1669 an der juristischen Fakultät der Universität Leiden ein. Er studiert jedoch hauptsächlich Mathematik und Naturphilosophie und erhält auf diesen Gebieten eine sehr moderne Ausbildung. 1672 unterbricht Tschirnhaus sein Studium für 18 Monate, um als Soldat auf niederländischer Seite zu kämpfen.

1674–1675

In den Niederlanden lernt er Spinoza kennen und beginnt einen lebhaften Briefwechsel mit ihm. Im Sommer 1675 hält er sich in London auf und betreibt dort Studien an der Royal Society. Er macht unter anderem die Bekanntschaft mit den Physikern Robert Boyle, Denis Papin und Isaac Newton sowie mit dem Sekretär der Gesellschaft, Henry Oldenbourg. Im September reist er nach Paris und trifft dort an der Académie des Sciences auf Christiaan Huygens und Gottfried Wilhelm Leibniz, dessen Bekanntschaft ihm durch Oldenbourg vermittelt wurde.

1676

Tschirnhaus beginnt eine mehrjährige Studienreise, die ihn über Italien, Malta, Frankreich, die Niederlande und Norddeutschland zurück nach Sachsen führt. In Paris hat er erstmals der Anwendung eines Brennspiegels von François Villette beigewohnt und Schmelzversuche mit Tonerden beobachtet.
Er verlässt Paris Ende November 1676 und reist nach Lyon, wo er zusammen mit Villette erneut Experimente mit Brennspiegeln durchführt. Danach setzt er seine Studienreise über Turin nach Mailand fort, wo er den Domherren Manfredo Settala und dessen Sammlung physikalischer und chemischer Apparaturen kennenlernt. Über Venedig und Bologna kommt er schließlich nach Rom. Hier trifft er unter anderem auf den Physiker Athanasius Kircher und dessen berühmte katoptrische Sammlung sowie auf den Mathematiker und Physiker Alfonso Borelli, der ihn mit Schleifmethoden bekannt macht.

1679

Tschirnhaus kehrt zurück nach Kieslingswalde und nimmt dort im Spätherbst zusammen mit dem Mechaniker Johann Hoffmann die Herstellung von Brennspiegeln in Angriff.

1680–1681

Über die Niederlande und Belgien reist Tschirnhaus weitere male nach Paris.

Am 22. Juli 1682

wird er aufgrund seiner mathematischen Forschungen, insbesondere zur Problematik der Brennlinien, als erster Deutscher zum Mitglied („académicien géomètre“) der Académie des Sciences ernannt. In den Jahren zwischen 1682 und 1688 lässt er mehrere Brennspiegel anfertigen und berichtet Leibniz 1682 von seinen neuen Herstellungsverfahren mit Kupfertafeln. Er heiratet im gleichen Jahr in Kieslingswalde Elisabeth Eleonore von Lest.

1683

Tschirnhaus entwickelt spätestens jetzt Pläne für die Errichtung einer naturwissenschaftlich-technischen Akademie in Kursachsen, die jedoch aus finanziellen Gründen scheitern.

1686

stellt Tschirnhaus den sphärischen Brennspiegel her, der sich bis heute im Mathematisch-Physikalischen Salon befindet. In Amsterdam erscheint Tschirnhaus’ philosophische Handschrift Medicina corporis und ein Jahr später die Medicina mentis. Er setzt sich in ihnen mit der Frage nach den Grundlagen und der Methode zur Gewinnung neuer Erkenntnisse auseinander und stellt 12 praktische Regeln zur Erhaltung der Gesundheit dar.

Tschirnhaus berichtet erstmals über die Wirkung der unter seiner Leitung gefertigten Brennspiegel in der Zeitschrift Acta Eruditorum. 1687 gelang ihm die Verflüssigung von Asbest, das seit der Antike als feuerbeständiger Stoff bekannt war. Tschirnhaus wendet sich in der folgenden Zeit der Herstellung und Bearbeitung großer Brennlinsen zu.

1691

In der Acta Eruditorum berichtet er von der Herstellung eines 25 Kilo schweren Glasblocks in seiner Glashütte in Kieslingswalde. Zur Verkleinerung des Brennraumes und zur Erhöhung der Energiekonzentration führt er das Kollektivglas ein.

1692

Tschirnhaus tritt in die Dienste von Johann Georg IV. von Sachsen und erhält den Titel eines kurfürstlich-sächsischen Rates.

1693–1694

In Zusammenhang mit den damals durchgeführten chemischen Versuchen spricht Tschirnhaus 1694 zum erstenmal von „Porzellanherstellung“. Seit dem Winter 1693 beschäftigt er sich gezielt mit entsprechenden Experimenten, die er bis zu seinem Tod fortsetzt.

1694–1695

Mit einer Brennlinse von Tschirnhaus führen Guiseppe Averani und Cipriano Targioni in Florenz Versuche mit Diamanten durch, die alle Welt in Erstaunen versetzen. Der Glasfabrikant Constantin Fremel führt in der Glashütte in Pretzsch für Tschirnhaus Glasgießversuche durch. Den Erfolg seiner neuen Glassgussmethode veröffentlicht Tschirnhaus in der Acta Eruditorum; dort berichtet er in den nächsten Jahren auch ausführlich über die Wirkung seiner Brenngläser.

1696

Tschirnhaus nimmt Verbindung zum Kurfürsten Friedrich August auf und bemüht sich um die Gründungen von Glas- und Porzellanmanufakturen. Bei grundsätzlicher Zustimmung erhält er jedoch zunächst den Auftrag, „aller Orten in Sachsen die Edelsteinbrüche von Japsis, Achat, Amethysten, Thopasen“ aufzusuchen, um die nötigen mineralischen Rohstoffe auszuheben. Tschirnhaus fand unter anderem bei Hilbersdorf einen Gang von Korallenachat.

1697

Für die Weiterverarbeitung der Glasblöcke erfolgt die Einrichtung einer Schleif- und Poliermühle in Dresden an der Weißeritz, wo auch Edelsteine bearbeitet werden. Ihr Aufbau ging wesentlich auf die Initiative von Tschirnhaus zurück.

1699–1700

Die gerade fertiggestellte Dresdner Glashütte („Ostrahütte“) auf dem Gelände des „Herzogin Garten“ sowie die Glücksburger Glashütte setzten unter der Oberaufsicht von Tschirnhaus mit der Produktion ein. Er leitet sie bis zu seinem Tod.

1700

Die Pädagogische Schrift Gründliche Anleitung zu nützlichen Wissenschaften wird für den Unterricht in höheren Schulen herausgegeben und betont die Wichtigkeit einer soliden Ausbildung in Mathematik und den Naturwissenschaften.

Im Winter wird Tschirnhaus vom Statthalter Fürst von Fürstenberg auf eine Geschäfts- und Studienreise nach Holland und Frankreich geschickt und recherchiert dort zur Porzellanherstellung. Er besucht unter anderem die Porzellanmanufakturen in Delft und Saint Cloud. Er bemüht sich gleichzeitig, den Markt für sächsische Produkte (Glas, Halbedelsteine und blauen Farbstoff) zu erschließen.

Im März 1702

begegnet Tschirnhaus erstmals dem Alchimisten Johann Friedrich Böttger. Er drängt die Regierung zur Gründung einer sächsischen Porzellanmanufaktur. Böttgers Aufmerksamkeit wird durch Tschirnhaus von seinen fruchtlosen Bemühungen Gold durch Transmution herzustellen, auf keramische Experimente gelenkt. Zusammen mit ihm und dem Freiberger Bergmann Papst von Ohain arbeitet Tschirnhaus in den nächsten Jahren an der Porzellanherstellung (in Meißen, Königstein und Dresden). 1704 bekommt er vom König die nähere Aufsicht über Böttgers Versuche übertragen. Er heiratet im Februar Elisabeth von der Schulenburg zu Mühlbach.

1706–1707

Den dreien gelingt die Herstellung des roten Steinzeugs. August der Starke errichtet auf der Jungfernbastei für Tschirnhaus ein Forschungslabor, damit dieser seine Porzellanversuche fortsetzen kann. Im Dezember 1707 führt Böttger dem König und seinem Statthalter ein fertig gebranntes Teekännchen aus Porzellan vor, das „mit Bey Hülffe des Herrn von Zschirnhausen“ fertiggestellt wurde.

1708

Tschirnhaus erkrankt an der roten Ruhr und verstirbt am 11. Oktober in Dresden. Er wird vier Tage später in der Kirche von Kieslingswalde beigesetzt. Die Totenfeier findet am 28. Dezember statt. Sein Bruder Georg Albrecht setzt ihm 1709 ein Grabmonument.